Kirche St. Leodegar

Die sich im bischöflichen Bauarchiv befindenden Beschreibungen aller Kirchen
der Diözese, schreibt über das Gotteshaus in Stetten:
„Romanischer Kernbau, mehrfach verändert;
erhalten blieb der kreuzgratgewölbte, quadratische Chor“.
Der Bau des Gotteshauses geht vermutlich ins 12. Jahrhundert zurück; denn seit
jener Zeit hat Stetten nachweisbar eine eigene Kirche.
Bis heute ist davon unverändert geblieben der kreuzgratgewölbte, quadratische Chor
mit dem gegen Westen sich öffnenden Rundbogen.

1549 – 1552         spätgotische Erneuerung
1830                    Restaurierung, Anbau der Sakristei
1871 – 1872         Erneuerung des Altars und Bemalen des Chores und des Langschiffes
1924                    Kirche um ihren westlichen Teil erweitert und innen und 
                           außen neu gefasst
1926                    wird die Kirche unter Denkmalschutz gestellt
1954                    Chorraumumgestaltung     
                           Bischof Carl Joseph Leiprecht weiht die drei neu erstellten Altäre
1971                    neuerliche Umgestaltung des Altarraumes,
                           bedingt durch die Bestimmungen über die liturgische Erneuerung > mehr
2002                    Neugestaltung des Altarraumes   > mehr

Innenansicht

St. Leodegar in Stetten

Stetten ist ein Ort, der 882 im Zusammenhang mit dem Kloster St. Gallen zum erstenmal erwähnt wurde.
Das Gotteshaus, unmittelbar an der Eschach gelegen, reicht mit einigen Bauteilen bis in die Zeit der Romantik zurück. Allein schon der Name des Kirchenpatrons, "St. Leodegar", ist ein Hinweis auf den frühen Ursprung des Gotteshauses. Leodegar, der Bischof von Autun, gilt zusammen mit dem heiligen Martinus, Bischof von Tours, als ein typischer Heiliger der fränkischen Zeit. An diese Frühzeit des Gotteshauses, das um 1550 spätgotisch erneuert wurde, erinnert der Chorraum mit seinem schlichten Kreuzgratgewölbe. Hier befindet sich eine spätromanische Kreuzigungsgruppe, die durch Strenge und Geeschlossenheit beeindruckt. Das Chorkreuz selber ist eine späte Renaissance-Arbeit.

Die "Stettener Madonna"

Auf dem linken Seitenaltar steht eine erlesen schöne Madonna mit Kind. Die um 1650 entstandene Figur vereinigt schon alle Kriterien des Hochbarock: Die Kreisbewegung wird hier zu einer wirbelnden Drehdynamik, welche dieses Kind gerne aufgreift. Bei allem tänzerischen Schwung lassen sich Mutter und Kind nicht aus den Augen.

Eine "Anna Selbdritt" - Gruppe eigener Art

Die etwas später entstandene "Anna Selbdritt" auf dem rechten Seitenaltar hat nicht das Bewegte des ersten Bildwerkes; sie ist strenger aufgebaut. Dabei weist diese jugendliche Anna in ihrer Milde geradezu Madonnenhaftigkeit auf. Maria zur Rechten der Mutter, an diese angeschmiegt, trägt eine Schale mit Früchten.
Besonders reizvoll ist das Jesuskind, das in der linken Hand - von der eine Diagonalbewegung zu Maria führt - Weintrauben hält.
Im Werkstattzusammenhang damit steht wohl das schöne barocke Vortragekreuz.

Weitere beachtenswerte Bildwerke

Die Reihe der beachtenswerten Heiligenfiguren dieser Kirche wird weitergeführt durch einen:
"St. Leodegar", um 1720
"St. Martin", um 1720
"St. Katharina", um 1870
"St. Barbara", um 1870
"St. Franz Xaver", um 1870
und eine Pieta um 1900

Die Kanzel

Das Glanzstück der Kirche ist die Kanzel. Sie ist ein Übergangswerk von der Renaissance zum Barock. Von den Kirchenvätern, die zwischen den wuchtigen Säulen stehen, ist jeder ein Meisterwerk der Schnitzkunst. Auf dem Schalldeckel steht ein Kraft ausstrahlender Salvator Mundi.

Malerei

Die gut gemalten Kreuzwegstationen an den Wänden des Schiffs sind stilistisch dem Barock nachempfunden.
Das Chor-Fresko, das A. Blepp 1925 gemalt hat, stellt die Heilige Dreifaltigkeit dar.

Das Gemälde mit den 14 Nothelfern

Das Tafelgemälde mit den 14 Nothelfern an der rechten Kirchenwand ist eine Sehenswürdigkeit. Es ist in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts entstanden.
Auf diesem anlässlich einer Pferdeseuche aus Lackendorf gestifteten Votivbild werden als Stifter genannt Michael Bantle (damals Vogt zu Lackendorf), seine zweite Frau Apolonia Kelhoferin und die Kinder Claß, Hans, Barbara, Maria und Anna. Eine weitere Stifterfigur ist schon eine Ebene höher gerückt: die erste, verstorbene Ehefrau Bantles, Catharina Hessin, kniet nämlich schon direkt vor dem Rocksaum des heiligen Vitus (linker Bildrand, mit Ölgefäß).
Neben St. Vitus steht St. Erasmus mit der Winde und neben diesem Georg mit der Fahne, den Drachen zu Füßen.
Nicht zu übersehen sind die drei besonders hübschen blondlockigen Nothelferinnen rechts von ihm, St. Barbara, St. Margaretha und St. Katharina, die mit St. Georg plaudern. Dieser rechte Teil des Bildes atmet Ritteratmosphäre, höfisch-höflich.
Für den Maler war die Szene offensichtlich so wichtig, dass hinter diesen Frauengestalten (im Unterschied zu der linken Bildhälfte) nicht mehr die Figuren der vier restlichen Heiligen erscheinen, sondern nur noch deren angedeutete Heiligenscheine und ihre Namen im Horizont.

Der "Stettener Palmen" - ein Meisterwerk der Volkskunst

Eine Rarität, die in der Stettener Kirche aber nur einmal im Jahr, am Palmsonntag, zu sehen ist, ist der "Stettener Palmen". Dieses Meisterwerk der Volkskunst verdient sowohl in seinem figuralen Aufbau wie in der technischen Durchgestaltung Beachtung. Es ist ein Werk, das sakrale Würde mit Lebendigkeit und naiver Frische verbindet. Interessant ist schon der Aufbau des Schnitzwerkes: In einem durch Triumphbogen umschlossenen unteren Teil wird der "Einzug in Jerusalem" dargestellt. Der auf einem Esel reitende Christus erhebt segnend die rechte Hand. Originell ist die Figur, die auf einem Baum Christus erwartet. Die kleine Gestalt erinnert an Zachäus, der (allerdings bei Christi Einzug in Jericho!) auf einen Maulbeerbaum geklettert ist. Der Baum selber hat etwas Märchenhaftes, er ist von Bllüten überzogen. Auch die kniende Gestalt zu Füßen dieses Baumes ist auf Christus bezogen. Die Figur auf der gegenüberliegenden Seite mit ihrem Greisenantlitz lässt an einen Apostel denken.
Die Krone darüber, in die das "Hosianna" eingeschnitzt ist, ist die Basis für den Passionsteil, mit dem die  Palmen-Bildlichkeit abschließt. Die Martergeräte dabei, Geißelruten, Hammer, Zange, Lanze und Essigstab, erinnern in ihrer miniaturhaften Präzision an Elfenbeinarbeiten des Mittelalters. Auf der Geißelsäule in der Mitte erscheint der Hahn.
Die Dornenkrone darüber wird gleichsam zur Gloriole für den Kelch mit der Hostie. Der Palmen endet mit einem Kreuz, das drei Nägel trägt.
Ein feines Gespür für Dezenz zeigt die zurückhaltende Farbfassung dieses Schnitzwerkes.